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25.07.2018

Warum ist es am Rhein so schön...

Ist es das noch? Müll und Dreck verunstalten das Rheinufer

In der Sonne funkeln Scherben, dazwischen liegen Brötchentüten, kaputte Luftmatratzen, zerquetschte Blechdosen, Plastikflaschen und zerknüllte Verpackungen von Grillfleisch. Ein Stück weiter eine benutzte Windel im Sand, daneben eine Feuerstelle. Nur wenige Meter entfernt steht ein Schild: „Durchfahrt verboten“.  Autos parken aber trotzdem, schön versteckt weit im Gebüsch am Leinpfad. Im Hintergrund rauscht der Rhein, eine frische Brise weht durch die Bäume am Rheinufer zwischen Worms-Ibersheim und Eicher See.

Tobias Böhm aus Eich ist Aktivist der amerikanischen Umweltschutzorganisation Sea Shepherd. Hier in der Heimat schützt er keine Wale wie vor drei Jahren auf den Färöer-Inseln. Dafür sammelte er den Müll und Dreck anderer am Rheinufer auf und füllte damit einen ganzen Hänger. „Es ist wirklich schön hier am Rheinufer, wie ein Tag Urlaub. Aber was nach den Besuchermassen zurückbleibt, weckt keine Urlaubsgefühle. Im Sommer, wenn es die Menschen ans Wasser zieht, werden hier große Mengen an Essensverpackungen, Grill- und Angelutensilien, aber auch gefährlicher Sondermüll achtlos weggeworfen. Dabei will es jeder schön haben und die Natur genießen, nur die allerwenigsten tun etwas dafür“. 

Nach langen Wochenenden und sonnigen Feiertagen liegt noch mehr Müll herum als sonst schon. Die Bade- und Feierlaune hinterlässt deutliche Spuren. Aber auch der „normale“ Unrat, den viele Besucher am Rheinufer und im Naturschutzgebiet entsorgen, ruft Staunen und Kopfschütteln bei dem 30-Jährigen hervor: Autoreifen, eine Barke, ein Bügelbrett, Schleifaufsätze oder Dichtungen sind darunter. Grund zur Resignation? „Nein“, sagt Böhm, denn „wer kämpft, kann verlieren, wer nicht kämpft, hat schon verloren“.

Verbandsbürgermeister Maximilian Abstein zollt Böhm und seiner Aktion großen Respekt und bedauert gleichzeitig, dass diese überhaupt notwendig ist. „Ich ersuche dringend alle Besucher des Rheinufers, in unserem Landschafts- und Naturschutzgebieten keinen Müll zu hinterlassen - der Natur, aber auch anderen Besuchern zuliebe“. Wolfgang Perl, Leiter des Ordnungsamtes der Verbandsgemeindeverwaltung Eich sagt, es gebe stichprobenartige Kontrollen, die Gemeinden können jedoch nicht alles alleine stemmen: „Wir sind nicht in der Lage, 24 Stunden Kontrollen durchzuführen, dazu fehlt es uns und in den Ortsgemeinden an Personal“. Inzwischen hat Tobias Böhm den gesammelten Müll kostenfrei entsorgt. Die VG-Verwaltung regelte das sofort mit der Kreisverwaltung zugunsten des Eichers.

Viele der Abfälle, z.B. Plastik oder Zigarettenstummel, verrotten erst nach Jahrzehnten oder gar Jahrtausenden und stellen eine direkte Verletzungsgefahr für Tiere und Menschen in den Rheinauen dar. 80 Prozent der rund zehn Millionen Tonnen Müll, die alljährlich in den Meeren landen, werden vom Land über Flüsse und den Wind dorthin transportiert. "Spätestens beim nächsten Hochwasser macht sich auch der Müll aus den Rheinauen auf die Reise Richtung Nordsee", warnt Böhm, der sich bewusst vegan ernährt, denn „Plastiktüten, Getränkeflaschen, Fischernetze – mindestens 150 Millionen Tonnen Plastikmüll treiben durch die Weltmeere, wahrscheinlich noch viel, viel mehr. Mit der Zeit zerfallen sie zu winzigen Teilchen, so genanntem Mikroplastik. Forscher fanden es in Fischen, Muscheln und Krustentieren, wo es die Fortpflanzung, das Immunsystem und wichtige Organe schädigen kann. Und von dort ist es nur noch ein kurzer Weg in den menschlichen Organismus“.

Tobias Böhm ist ganz bestimmt kein Moralapostel. Und für eine Dauerüberwachung am Rheinufer ist er auch nicht. Lieber appelliert er unermüdlich an die Selbstverantwortung:“ Wenn jeder seinen Müll wieder mitnimmt und anständig entsorgt, dann haben wir doch alle was davon!“

Und dann ist es bestimmt auch wieder am Rhein so schön…